Berufsstart im Handwerk: "Meister Eder war gestern"
Traumjob Tischler? Klar staubt es hier, aber angestaubt ist es keineswegs! Tim Brüggemann erzählt, wie er vom Praktikanten zum Gründer wurde – und warum er seinen Beruf so liebt.
Vom Vogelhaus zum Möbelstück
Dass er mal Handwerker wird, war für Tim Brüggemann eigentlich immer klar. Schon als Kind baut er Seifenkisten, Vogelhäuschen und Baumhäuser. Die Faszination für den Werkstoff Holz und die Freude an dessen Bearbeitung sind bis heute geblieben.
Als 14-Jähriger macht er ein Praktikum bei einer Tischlerei in Steinhagen. Das gefällt ihm so gut, dass er nach dem Schulabschluss dort seine Ausbildung zum Tischler absolviert. Heute ist er 31 – und seit 2018 Besitzer seiner ehemaligen Ausbildungswerkstatt, Gründer der Formfreund Holzmanufaktur und Chef von sieben Angestellten, davon drei Azubis.
Möbelbau statt Langeweile
„Als Tischler hast du insgesamt ein großes Spektrum, in dem du ganz unterschiedliche Aufgaben erledigst“, erzählt Tim Brüggemann. Für ihn und sein junges Team ist der Möbelbau der spannendste Arbeitsbereich: „Hier kannst du kreativ sein und deine eigenen Ideen verwirklichen. Am Ende des Tages siehst du, was du geschafft
hast – das ist ein tolles Gefühl!“ Auf dem Weg zur Selbstständigkeit hat der Firmengründer nach seiner Ausbildung ein Studium an der Akademie für Gestaltung und Design in Münster drangehängt und parallel in der Abendschule seinen Meister gemacht. Über die praktischen Projekte im Studium blieb er mit seinem ehemaligen Ausbildungsbetrieb in Kontakt. Das Angebot, nach dem Studium zurückzukommen und nach einer gemeinsamen Übergangszeit die Tischlerei zu übernehmen, war schließlich für alle Seiten ein Glücksgriff. Auch den Einstieg über Praktikum und Ausbildung findet der Marienfelder im Rückblick optimal: „Diesen Weg würde ich jedem empfehlen: Durch die Ausbildung bekommst du viel bessere Einblicke in den Beruf, als wenn du direkt ins Studium startest. Außerdem reifst du sozusagen auch menschlich. Und was man auf Basis einer Ausbildung noch alles machen kann, sieht man ja an mir!“
Der Name ist Programm
Im Betrieb hat sich viel verändert. „Meister Eder war gestern!“, lacht Tim Brüggemann: Der Beruf ist mit der Zeit gegangen. Bei Formfreund geht es besonders ums Design – und natürlich um die Funktion der hergestellten Stücke. Vom Esstisch und Kleiderschrank über Holzfußböden oder Empfangstresen bis hin zu individuellen Büromöbeln ist die Holzmanufaktur die richtige Adresse für anspruchsvolle Kunden. Die Zeichnungen der Gestaltungsentwürfe entstehen längst am PC, die Erstellung von Stücklisten erfolgt digital, und für die Fertigung hat der Tischlermeister in ein modernes CNC-Bearbeitungszentrum investiert: „Wir sagen sozusagen einem Roboter, was er bei der Bearbeitung eines Werkstücks wann und wie zu tun hat.“ Das begeistert auch den Nachwuchs: „Wir haben oft Praktikanten. Bisher waren alle total fasziniert von unserem Beruf. Die meisten bewerben sich dann auch um einen Ausbildungsplatz.“
Vielfalt zwischen Baustelle und Fertigung
In der Manufaktur in Steinhagen ist jeder Tag anders. Kundengespräche und Aufmaßtermine auf der Baustelle oder im Privathaushalt gehören genauso zum Job wie die Anfertigung, Abstimmung und Anpassung von Entwürfen, das Schreiben von Angeboten, die Erstellung von Fertigungszeichnungen, Materialbestellungen und mehr. In der Werkstatt geht’s dann richtig los: Hier wird unter Einsatz der Hände und verschiedenster Maschinen gesägt, gehobelt, gefeilt, gebohrt, verleimt, lasiert, montiert etc. Ein Traumjob eben, bei dem Abwechslung großgeschrieben wird und Kreativität genauso wichtig ist wie handwerkliches Geschick. Neben dem Geruch, der Haptik, dem edlen Aussehen und den großartigen Eigenschaften des Holzes gehören auch andere Werkstoffe zum Alltag. „Wir kombinieren zum Beispiel Glas, Naturstein und vieles mehr mit Holz und entdecken immer wieder neue Materialien“, schwärmt Tim Brüggemann. Dabei ist sein Schwerpunkt nur ein Bereich von vielen. Je nach Interesse warten bei der Fertigung von Fenstern, Türen, Deckenverkleidungen und Co. ebenso interessante Herausforderungen auf die Tischler von morgen – und selbstverständlich auch ausdrücklich auf die Tischlerinnen! Die „Formfreunde“ machen vor, wie’s geht, und der Werkstoff Holz tut ein Übriges: „Das muss man nur angucken, dann macht das schon Spaß!“, fasst der kreative Tischlermeister zusammen.